In der heutigen Zeit sind unsere Hunde und Katzen mit einer Vielzahl an Reizen konfrontiert. Gleichsam wird der Anspruch an das Zusammenleben immer höher. Der Übergang vom Haus- und Hofhund und Mäusejäger zum Begleiter in allen Lebenslagen in den vergangenen 30 Jahren hat diesen Wandel mit sich gebracht. Hinzu kommt, dass immer mehr Tiere angeschafft werden, die nur bedingt zum eigentlichen Lebensstil passen und weil diese gerade „Mode“ sind.
Wenn man das auf den Hund bezieht: Viele Tierhalter sind sich den besonderen Ansprüchen verschiedener, teilweise Jahrzehnte alter angezüchteter Verhaltensweisen oder Neigungen nach Gebrauchstypen nicht bewusst oder damit überfordert. Dabei machen diese Hunde noch lang nichts falsch, sie können nur nicht anders. Hinzu kommen individuell meist unbeabsichtigt antrainierte Verhaltensweisen, individueller Charakter, die Überforderung mit der Fülle an Umweltreizen und schon ist es passiert: der anfangs vorgestellte Begleiter in allen Lebenslagen passt so gar nicht ins Bild oder funktioniert nicht so wie gewünscht. Nur in Ausnahmefällen liegt es primär am Hund, vielmehr am anderen Ende der Leine. Und noch viel weniger als es am Hund liegt, helfen hier Psychopharmaka.
In Kooperation mit einer Verhaltenstherapeutin und Hundetrainerin, welche die Sachkunde nach §11 Tierschutzgesetz besitzt, gilt es, das Bewusstsein für den eigenen Vierbeiner und dessen Anforderungen zu wecken.
Das Angebot reicht hierbei von Anschaffungsberatung, Analyse des Tieres, Analyse der Mensch-Tier-Interaktion, die Beratung und Aufklärung der Tierhalter, sowie vor allem Umkonditionierung auf eine bessere Mensch-Tier-Interaktion mit Hilfe von klarer Kommunikation – eine, die das Tier auch verstehen kann und dem Tier gegenüber fair ist. Im Endeffekt geht es darum, dass die Bindung untereinander vertieft und gefestigt wird, dass das Tier jemanden hat, auf den es sich verlassen kann. In der Regel sind unsere Tiere in dieser reizüberfluteten Umwelt nicht so gut darin, Verantwortung für sich und den Menschen zu übernehmen, fühlen sich aber verantwortlich darin.
Ein enger und gesamtheitlicher Austausch zwischen Aspekten der Verhaltensmedizin, Trainingsmethoden, Tierhalterkommunikation aber auch tiergesundheitliche Aspekte (z.B. Epilepsieformen, hormonelle Störungen, …) sind hierbei fundamental wichtig, um Verhaltensweisen verstehen und verändern zu können.
Wenn auch Sie den ein oder anderen „verhaltensauffälligen“ Patienten vorgestellt bekommen, wäre es schön, wenn Sie an diese Zeilen denken könnten. Vielleicht lässt sich auch dadurch der ein oder andere Vierbeiner, der sonst aus Überforderung im Tierheim landen würde oder die ein oder andere Beißattacke, ganz einfach weil das Tier gar nicht mehr anders konnte, vermeiden.